Das Wunder der Schenkung
Eine religiöse und politische Perspektive des Weges zur Versöhnung und zu wirklichem Frieden in ganz Nahost
Erfahrungen von einem Jahr bei einem muslimischen Meister
Die biblische Erzählung von Jakobs Kampf mit Gott (oder mit einem Engel) endet mit einem Wunder, nämlich mit der überraschenden Versöhnung der beiden tödlich verfeindeten Brüder Esau und Jakob. Diese Erzählung könnte daher als Modell dienen für eine Lösung des Konflikts heutiger verfeindeter Brüder, Israelis und Palästinenser – aber auch für die Versöhnung zwischen Schiiten und Sunniten, denn auch da wird es ein Wunder brauchen.
Die meisten Experten der Geschichte des Nahen Ostens betrachten Frieden zwischen Israel und den Palästinensern ja nach wie vor als schwer erreichbar, wenn nicht gar als unmöglich.
Für mich hat die Auseinandersetzung mit der Thematik 1981/82 begonnen, als ich fast ein Jahr lang in Kairo in der spirituellen Gemeinschaft von Scheich Mohammed Osman aus Khartum lebte, einem außerordentlich weisen muslimischen Lehrer.
Nicht zuletzt meine Erfahrungen dort führten mich auch zu der Idee, dass der Premierminister von Israel die versöhnende Geste Jakobs, auf die der Name „Israel“ zurückgeht, vor den führenden Politikern der muslimischen Welt nachvollziehen könnte – etwas, das für die meisten unserer Zeitgenossen real noch kaum vorstellbar ist.
Auch der Gedanke, dass der Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten in einen solchen Versöhnungsprozess einbezogen werden könnte, hängt direkt mit meinen damaligen Erfahrungen zusammen, denn das Haus des Scheichs in Kairo, bei dem ich damals wohnen durfte, liegt direkt am Eingang zum Heiligtum der Hussein-Moschee. Dieses Heiligtum, so wird gesagt, bewahrt das Haupt von Hussein, Sohn von Ali und Kalif der Schiiten, der im Jahr 680 in einer Schlacht gegen eine sunnitische Armee in Kerbala getötet worden ist. Mit Husseins Haupt ist dieses Heiligtum insbesondere für die Schiiten natürlich noch heute von allergrößter Bedeutung.
Nicht weit von der Hussein Moschee liegt eine andere Moschee, die berühmte Al Azhar, deren Großscheich, Dr. Al-Tayyeb, heute das geistige Oberhaupt des sunnitischen Islam ist. Aber beide Moscheen wurden vor mehr als tausend Jahren von den schiitischen Fatimiden erbaut, die damals die Herrscher Ägyptens waren.
Dass diese beiden Moscheen von Schiiten erbaut worden sind und dass die Al Azhar inzwischen gewissermaßen zum Wahrzeichen des gesamten sunnitischen Islam geworden ist, fand ich als einer, der Geschichte studiert hat, schon damals höchst interessant. So feindlich konnten sich die beiden Richtungen des Islam im Laufe der Geschichte gar nicht gegenübergestanden haben, sonst würden diese Bauwerke heute nicht mehr existieren.
All diese Erfahrungen haben mich motiviert, mich auf die Suche nach einer friedlichen Lösung für den Nahostkonflikt zu machen und seit den Attentaten des Elften September 2001 habe ich dieser Suche meine ganze Kraft gewidmet.
Nach dem Holocaust, der Shoa, brauchen die Juden einen eigenen Staat
Heute, mehr als siebzig Jahre nach der Gründung des Staates Israel, scheint wirklicher Frieden den meisten Fachleuten noch immer so gut wie unerreichbar. Als die UNO 1947 vorschlug, das Gebiet Palästinas zu teilen und einen Teil dem biblischen Volk der Juden zuzuweisen, wiesen die muslimischen Nachbarn diese Idee entschieden zurück, weil sie in der zunehmenden Besiedlung Palästinas durch Juden im Gefolge des Zionismus von Anfang an ein unberechtigtes Eindringen der Juden in muslimisches Stammland sahen. Für die jüdischen Einwanderer und Bewohner Palästinas aber war es einfach eine Rückkehr in ihre biblische Heimat. Zu dieser Zeit, und so unmittelbar nach dem unvorstellbaren Grauen der Shoa, war für sie außerdem vor allem völlig klar, dass sie als Juden jetzt dringendst permanenten Schutz brauchten – nämlich genau die Art von Schutz, den nur ein eigener Staat bieten kann. Deshalb war der Vorschlag der UNO, Palästina zu teilen, für die Juden von existentieller Bedeutung. Als dieser Vorschlag aber von sämtlichen muslimischen Nachbarstaaten entschieden zurückgewiesen wurde und diese stattdessen militärisch gegen den in Bildung begriffenen jüdischen Staat vorrückten, sammelten die Juden Palästinas all ihre Kräfte und kämpften gegen sämtliche ihrer Nachbarn. Ihr Kampf war erfolgreich und führte 1948 zur Gründung des Staates Israel. Dass dieser Kampf aber mit der Vertreibung von annähernd 750.000 Palästinensern verbunden war, erschwert eine friedliche Lösung bis heute ganz erheblich.
Für die muslimischen Bewohner Palästinas und der Nachbarstaaten kam das alles als ein gewaltiger Schock. Es war eine tiefe Demütigung, denn wie konnte es da plötzlich einen jüdischen Staat geben in der direkten Nachbarschaft eines der heiligsten Orte des Islam, al Haram ash Sharif, wo Muslime der Himmelfahrt ihres Propheten gedenken? Diese neue Realität veränderte die Beziehung zwischen Muslimen und Juden radikal. Immerhin hatten die Juden während der gesamten Zeit muslimischer Herrschaft, also dreizehnhundert Jahre lang, weitgehend in Frieden mit den Muslimen zusammenleben können.
Während dieser langen Zeit hatten die Juden ihren Status als Dhimmis, also als dem Islam real untergeordnete Schutzbefohlene des Islam, nahezu problemlos akzeptiert. Aber genau das war den Bürgern des neuen Staates Israel nicht mehr möglich. Weil dies nun ein erklärtermaßen jüdischer Staat war, implantiert in einem vorwiegend islamischen Gebiet, konnten seine Bürger keine Oberhoheit des Islam mehr anerkennen – und genau aus diesem Grund wollten die Muslime diesen neuen Staat nicht anerkennen. Folgerichtig haben sich die islamischen Nachbarn von Anfang an geweigert, den Teilungsvorschlag der UNO zu akzeptieren. Deshalb haben sie Krieg gegen diese Eindringlinge geführt – diesen Krieg allerdings nicht gewonnen, sondern die Teilung des Landes nach dem Waffenstillstand von 1949 schließlich doch dulden müssen. Aber Frieden gab es dadurch nicht. Im Gegenteil, jetzt gerieten die jüdischen Bewohner in fast allen Teilen der islamischen Welt in große Bedrängnis – so sehr, dass nahezu eine Million der dort lebenden Juden die Flucht ergriffen und zum Teil sämtliche ihrer Besitzungen zurückließen, nur um ihr Leben zu retten [Nathan Weinstock, Der zerrissene Faden, Wie die arabische Welt ihre Juden verlor, (Freiburg, Wien: ça-ira-Verlag, 2019, ISBN 9783862591114), Perlentaucher, 12.02.2021]. Ein ehrenhafter Frieden für den neu entstandenen Staat Israel wäre unter solchen Bedingungen undenkbar gewesen.
Was auf muslimischer Seite zu dieser Zeit fehlte, war die Einfühlung in das, was den Juden während der Shoa angetan worden ist, nämlich jene beispiellos kalt geplante und industriell betriebene Ermordung von sechs Millionen europäischen Juden. Solche Einfühlung erwacht gerade erst jetzt. Das sichtbarste Zeichen davon war ein Besuch im Konzentrationslager Auschwitz im Januar 2020, an dem neben Rabbi David Rosen, dem internationalen Direktor für interreligiöse Angelegenheit des American Jewish Committee auch der Vorsitzende der Muslim League, Sheikh Dr. Mohammed Al-Issa teilgenommen hat, also der ranghöchste Repräsentant aller Muslime weltweit.
Durch die gegenwärtigen Friedensbemühungen konnte sich mittlerweile auch wieder eine neue, länderübergreifende jüdische Gemeinschaftsorganisation bilden, „The Association of Gulf Jewish Communities (AGJC), um das jüdische Leben in den muslimischen Ländern wieder gemeinschaftlich zu gestalten wie in früheren Zeiten – ein weiteres sehr gutes Zeichen.
Die Gegnerschaft der Muslime wird nicht durch deren Unterdrückung überwunden
Aus einem ganz anderen Geist heraus hat der langjährige israelische Ministerpräsident Netanyahu vor dem Jahr 2000 seine Vorstellung von einem möglichen Frieden in seinem Buch „A Durable Peace“ formuliert. Netanyahu geht davon aus, dass die bis heute anhaltende und in den Bevölkerungen der Nachbarstaaten tief eingeprägte Ablehnung des Staates Israel sich nicht durch Verträge, wie jene von Oslo, verändern lässt. Als Konsequenz meint er, dass ein eventueller neuer Staat Palästina niemals die Rechte haben kann, die normale Staaten haben, weil die Gefahr zu groß wäre, dass ein souveräner Staat Palästina sich beispielsweise mit dem Iran verbündet und iranische Raketen auf seinem Gebiet stationiert, die die Existenz des Staates Israel nicht nur in Frage stellen, sondern ernsthaft bedrohen könnten. Unter solchen Voraussetzungen, meint Netanyahu, können die Palästinenser niemals die gleichen Rechte genießen wie die Israelis.
Während auch ich die immer noch sehr tief eingeprägte Ablehnung des Staates Israel bei seinen Nachbarn als einen wesentlichen Grund für den anhaltenden israelisch-palästinensischen Konflikt sehe, ist für mich jedoch auch klar, dass die erzwungene Re-Implantation eines jüdischen Staates in diesem Gebiet mit seiner mittlerweile dreizehnhundert Jahre alten muslimischen Tradition nur tiefe Ablehnung hervorrufen konnte. Weil es mir aber um die für nachhaltigen Frieden nötige wirkliche Versöhnung geht und ich daher, im Gegensatz zu Netanyahu, keinesfalls dazu raten würde, sich mit einem erzwungenen Arrangement zufrieden zu geben, ist meine Schlussfolgerung eine völlig andere – und das hat zu tun mit den bereits erwähnten Erfahrungen in der spirituellen islamischen Gemeinschaft von Scheich Mohammed Osman in Kairo. Da konnte ich nämlich sehen, dass die Muslime durchaus friedenswillig sind, dass ein Frieden jedoch nicht ehrverletzend sein darf, dass also nur ein ehrenhafter Frieden die Chance hat, zu einem für alle fühlbaren und daher verwirklichbaren Frieden zu werden. Das aber bedeutet, dass der Friede den Muslimen nicht aufgezwungen werden darf, was aber bei den meisten der bisherigen Friedensmodelle der Fall war. Letztlich, so meine ich, muss der Friede von den Muslimen selbst ausgehen.
Der jüngste Friede der Vereinigten Arabischen Emirate und aller, die sich diesem Frieden mit Israel vielleicht noch anschließen werden, weist bereits in diese Richtung. Deshalb haben beide Seiten ihren Vertrag „Abraham Accords“, „Abraham Übereinstimmung“ genannt in klarer Referenz auf die gemeinsamen religiösen Wurzeln, obwohl ein ganz wesentliches weiteres Motiv hierbei auch die erwünschten Wirtschaftsbeziehungen sind. Der in diesem Buch präsentierte Vorschlag geht von den gemeinsamen spirituellen und kulturellen Wurzeln aus. Weil diese auch in dem Vertrag betont werden, ist dieser Vertrag auch für mich von höchster Bedeutung. Er wird helfen, den von mir angesprochenen „wahren“ Frieden vorzubereiten, weil sich in dieser neuen Freundschaft viel von der immer noch sehr stark fühlbaren Feindschaft nach und nach „in Luft auflösen“ wird. Die neue Übereinkunft könnte sogar Palästina mit einbeziehen, aber in absehbarer Zeit wird sie sich wahrscheinlich noch nicht auf die gesamte muslimische Umma ausdehnen. Zumindest mit dem Iran wird das nicht so leicht gelingen. Aber der „wahre“ Friede, von dem ich hier spreche, wird, so meine ich, auch in Israel und in Palästina erst wirklich fühlbar werden, wenn er für die gesamte islamische Welt gilt. Das aber wird erst möglich werden, wenn das für die Muslime massiv Ehrverletzende der erzwungenen Staatsgründung Israels aus der Welt geschafft sein wird.
Das Ehrenrührige der Staatsgründung Israels kann nur durch ein substantielles Geschenk der Muslime überwunden werden
Wie aber kann jener für die Muslime ehrenrührige Zwang wegfallen, durch den der jüdische Staat 1948 real installiert wurde? Dieser Zwang ist doch ein Faktum der Geschichte! Wie sollte ein solches Faktum je aus der Welt geschafft werden können? Es bräuchte dafür geradezu ein Wunder!
Die Juden jedenfalls können es nicht aus der Welt schaffen. Sie haben das Faktum ja erzeugt. Auch die in dem Kapitel „Mein Traum“ beschriebene Bitte des israelischen Premierministers um Verständnis für die gewaltsame Einrichtung des Staates Israel wird dafür nicht ausreichen. Die verletzte Ehre kann letztlich nur heilen, wenn sich die Muslime selbst durch irgendetwas dazu motiviert fühlen könnten – und nun, liebe Leser, kommt der Vorschlag, den die meisten heutigen Experten wohl – noch – für unvorstellbar halten werden – nämlich, dass sie den Juden das gesamte heutige Staatsgebiet Israels zum Geschenk machen. Genau das wäre das jetzt benötigte Wunder! Es würde die Muslime real nichts kosten, weil sie das Territorium ohnehin nicht unter ihrer Kontrolle haben, aber allein schon die Geste würde die Friedenssehnsucht der Israelis geradezu überwältigend erfüllen – und daher aller Voraussicht nach sofortigen Frieden möglich machen, einschließlich der Beendigung der Besatzung, der Einrichtung eines neuen Staates Palästina und einer Entschädigung für die Vertreibung so vieler Palästinenser während des militärischen Kampfes um den neuen Staat Israel.
Und genau an diesem Punkt in der Geschichte des Konflikts kommt heute jenes Freundschaftsangebot von arabisch-muslimischer Seite, das diesem Wunder schon sehr nahe kommt. Nachdem die muslimischen Nachbarn zunächst mehr als 50 Jahre lang von den Israelis gefordert hatten, gänzlich aus dem Land zu verschwinden und das Gebiet den Palästinensern zurückzugeben und nachdem sie danach noch weitere 20 Jahre die Forderung erhoben, dass sich die Israelis auf die Grenzen von vor 1967 zurückzuziehen haben, verlangt der neue Friedensvertrag nur noch, auf eine Annexion des Westjordanlandes zu verzichten und alles andere (Ansiedlungen von Israelis dort und eine eventuelle Hauptstadt Palästinas in Ostjerusalem) den kommenden Verhandlungen um die Staatsgründung Palästinas zu überlassen.
Der neue Vertrag bietet den Israelis jetzt also genau den Frieden an, den sie von Anfang an erhofft hatten.
Dieses Angebot, das allerdings auch von ökonomischen Interessen und der gemeinsamen Bedrohung durch den Iran geleitet wird, kommt zwar so spät, dass die Israelis inzwischen ihre Hoffnung auf einen solchen einvernehmlichen Frieden schon beinahe aufgegeben und deshalb davon gesprochen hatten, das gesamte Westjordanland zu annektieren, aber das Angebot kommt doch gerade noch rechtzeitig, um das zu verhindern und auch noch rechtzeitig, um die Israelis mit großer Dankbarkeit für diese Art der Friedenslösung zu erfüllen, die sie ja von Anfang an erstrebt hatten, mit einem Maß an Dankbarkeit, die es ihnen erlauben würde, jetzt einen eigenen Staat Palästina im Westjordanland und in Gaza zuzulassen.
Was in dem Vertrag nicht erwähnt wird, ist jener große symbolische Akt, der die Feindschaft zwischen Israelis und Palästinensern von Grund auf aufhebt, weil er das Erzwungene an der Staatsgründung Israels aufhebt durch den Akt der Schenkung des Territoriums mit dem Namen „Israel“ an die Juden. Das wäre das Wunder, von dem ich gesprochen habe. Aber könnte es tatsächlich etwas geben, das die Muslime zu einem derartig wunderbaren Geschenk veranlasst?
Es ist nicht so unmöglich, wie es scheint. Die Muslime könnten sich tatsächlich zu dieser Schenkung veranlasst fühlen und zwar ganz einfach – nämlich, indem sie sich an die Linie ihrer Propheten erinnern! Fast alle muslimischen Propheten sind ja auch biblische Propheten! Die Muslime verdanken dem Volk der Bibel daher sehr viel! Und das wird im Koran durchaus anerkannt. Der Prophet Mohammed achtet Christen wie Juden von Anfang an als „Volk der Schrift“. Aber er warnt sie, dass ihnen das nicht helfen wird, wenn sie der Bibel und dem Evangelium nicht gehorchen (Sure 5,65-68). Durch die mittlerweile bereits mehr als ein ganzes Jahrhundert währenden Feindseligkeiten zwischen Zionisten und Muslimen ist diese grundlegende koranische Anerkennung völlig in den Hintergrund getreten! Aber auch die Tatsache der mehr als tausendjährigen überwiegend friedlichen Koexistenz zwischen den Muslimen und den Angehörigen der Buchreligionen spricht für die reale Möglichkeit einer Freundschaft.
Muslimische Autoritäten können daher das Bewusstsein dafür jederzeit wieder wecken. Denn – ist der Prophet Mohammed nicht durch den Erzengel Gabriel nach Jerusalem geführt worden, in die Stadt der biblischen Könige und des jüdischen Tempels, in die Hauptstadt des biblischen Israel, um in seiner berühmten „Nachtreise“, derer die Muslime dort gedenken, sämtliche seiner biblischen Vorläufer zu treffen? Daran zu erinnern wäre nur ein Bewusstmachen der Realität, in der nun aber eine ganz natürliche Dankbarkeit erwachen kann! Und aus dieser Dankbarkeit heraus könnten die Muslime das Land, das die Juden 1948 wieder „Israel“ genannt haben, den Juden zum Geschenk machen – ein durchaus angemessenes Geschenk, wenn man die Vorarbeit bedenkt, die die biblischen Propheten geleistet haben, wenn man also bedenkt, dass ein Entstehen des Islam ohne das vorherige Wirken der biblischen Propheten nur schwer vorstellbar wäre. Genau das hat der Prophet Mohammed an diesem Ort durch seine „Nachtreise“ bestätigt.
Das islamische Konzil
Eine ganz wesentliche Rolle in dem Prozess der Bewusstmachung dieser Zusammenhänge wird Dr. Al-Tayyeb zukommen, dem Großscheich der Al Azhar. Dr. Al-Tayyeb hat sich meines Erachtens bereits vor Jahren zu genau dieser Aufgabe auf den Weg gemacht. Er hat damals nämlich den ersten Schritt getan in deren immer noch anhaltendem Dialog und den Papst in Rom besucht, an jenem Ort, an dem vor nicht allzu langer Zeit ein berühmtes Konzil stattgefunden hat, durch das sich die Einstellung der katholischen Kirche zum Islam und zum Judentum radikal zum Positiven hin verändert hat.
Ein solches Konzil, eine große muslimische Konferenz vergleichbarer Art heute in Kairo könnte in ähnlich revolutionärer Weise die ganze, zumindest aber die muslimische Welt verändern. Eine solche Konferenz könnte nämlich auch innerhalb des Islam Frieden schaffen – getragen von der Wirkung des Ortes, an dem diese Konferenz stattfinden würde, nämlich in der Al Azhar und in der Hussein Moschee, weil diese beiden bedeutsamsten Moscheen Kairos, die heute geradezu zum Wahrzeichen für die Sunniten geworden sind, von Schiiten gegründet worden sind. Der Veranstaltungsort macht es daher selbstverständlich, dass die Schiiten, deren Zentrum heute im Iran liegt, zu dieser großen Konferenz nach Kairo eingeladen werden und dass sie dort eine bedeutende Rolle spielen werden.
Und damit bietet sich nun, vielleicht erstmalig in der Geschichte, die Chance, dass die Schiiten zusammen mit ihren sunnitischen Glaubensbrüdern sogar die abgrundtiefe Verletzung zum Abheilen bringen, die entstanden ist, als im Jahr 680 in der Schlacht von Kerbala der Kalif der Schiiten, Hussein, von einem Soldaten der Sunniten getötet wurde, obwohl er doch ein Enkel des Propheten Mohammed war!
Jetzt könnten beide Seiten gleichermaßen das Grauen dieser Situation nachempfinden! Und dadurch würden die heutigen Verantwortlichen der Sunniten, allen voran der Groß-Imam der Al Azhar, Dr. Al-Tayyeb, sich imstande fühlen, sich für die damalige Tötung des Enkels des Propheten bei den Vertretern der Schiiten, deren Kalif Hussein damals war, formell zu entschuldigen.
Diese Entschuldigung wird ihre Wirkung nicht verfehlen. Durch dieses Eingeständnis der Sunniten könnte eine gewaltige, mehr als tausend Jahre alte Last von den Schiiten abfallen, sodass sie in bis jetzt ungeahnter Weise aufatmen könnten. Und dieses Aufatmen könnte es ihnen ermöglichen, auch das andere, viel neuere Trauma mit ganz neuen Augen zu betrachten, nämlich die erzwungene Einrichtung eines jüdischen Staates in der Nachbarschaft des großen muslimischen Heiligtums der Al Aqsa in Jerusalem. In diesem entspannten Zustand könnte es den Schiiten nun möglich sein, die Leistung des Volkes der Bibel uneingeschränkt zu würdigen. Und damit könnten sie zunächst jedem Einzelnen aus diesem Volk erlauben, sich überall im gesamten biblischen Gebiet niederzulassen – natürlich nur auf rechtmäßig erworbenem Grund und Boden – und in einem weiteren Schritt könnten sich die Schiiten jetzt sogar an der Schenkung des Landes mit dem Namen „Israel“ an das Volk der Bibel beteiligen!
Wahrscheinlich würde die Unterscheidung zwischen Schiiten und Sunniten auch danach noch weiterbestehen, dennoch könnte diese Konferenz zu wirklichem, für alle fühlbaren Frieden zwischen den beiden Fraktionen führen – und damit, zusammen mit dem Frieden mit Israel, zu wirklichem Frieden im gesamten Nahen Osten.
Es ist selbstverständlich, dass sich die so großzügig beschenkten Juden daraufhin auch ihrerseits den Palästinensern gegenüber als großzügig erweisen würden, die inzwischen doch bereits viel zu lange unter der israelischen Besatzung zu leiden hatten – zunächst natürlich in Form einer Entschädigung für die vor der Staatsgründing Israels vertriebenen Palästinenser.
Und nun, nach Beendigung dieser langen Phase des sich auch gegenseitig unter Druck Setzens würde der gesamte Nahe Osten als Konsequenz dieser so natürlichen Entspannung einen bis jetzt noch gar nicht vorstellbaren ungeheuren wirtschaftlichen Aufschwung erleben – von den emotionalen Wirkungen des Friedens auf die Bewohner ganz zu schweigen.
Damit würde das Wunder sehr schnell für alle offenbar und spürbar werden, das von dem großen Geschenk der Muslime seinen Ausgang genommen hat!