Ehrenhafter Frieden – und die Vorgeschichte der Idee dazu

Ehrenhafter Frieden und die Vorgeschichte der Idee

Ein wirklich ehrenhafter Frieden ist nur möglich, wenn er nicht aufgezwungen ist. Wie aber könnte der Zwang wegfallen, durch den der jüdische Staat damals real installiert wurde? Dieser Zwang ist doch ein Faktum der Geschichte! Wie könnte ein solches Faktum aus der Welt geschafft werden?

Nachdem wir viel über die ausgeprägten Feindschaften im Nahen Osten gesprochen hatten, insbesondere die Konkurrenz zwischen dem Iran und Saudi Arabien, sowie die Entschlossenheit des Iran Israel zu zerstören, erzählte ich einem Freund, welch einzigartige Möglichkeit für realen Frieden mir mein Leben gezeigt hat:

Es begann mit meinem zweiten Aufenthalt in Ägypten 1981/82. Ich wohnte direkt gegenüber dem Eingang zum Heiligtum der Hussein Moschee in einem der beiden Apartments, die dem Sufi Scheich Mohammed Osman gehörten, in dessen spiritueller Gemeinschaft ich damals ein ganzes Jahr lebte. Ich hatte daher täglich Gelegenheit dieses Heiligtum zu besuchen und ich nutzte diese Gelegenheit auch oft, um den Geist dieses Ortes und seiner Geschichte zu erleben.

Dieses Heiligtum bewahrt (angeblich) das Haupt von Hussein, des Sohnes des ersten Kalifen der Schiiten – der auch ein Enkel des Propheten Mohammed war. Er wurde am 10. Oktober 680 in der Schlacht von Kerbala von einer angreifenden sunnitischen Armee getötet.

Fast täglich habe ich während meines Jahres mit Scheich Mohammed Osman dieses an die Hussein-Moschee angeschlossene Heiligtum besucht und die Kraft gespürt, derentwegen viele Menschen an diesen Ort kommen.

Ehrenhafter Frieden – und die Vorgeschichte der Idee dazu

 

Nicht weit von der Hussein Moschee liegt die Al Azhar Moschee, deren Großscheich, Dr. Al-Tayyeb, heute das geistige Oberhaupt des sunnitischen Islam ist. Die Al Azhar Moschee wurde vor mehr als tausend Jahren von den Shiitischen Fatimiden erbaut, die damals die Herrscher von Ägypten waren. Die Hussein Moschee entstand zweihundert Jahre später noch während der Kreuzzüge.

Auch die Al Azhar habe ich damals oft besucht, aber nachdem ich direkt im Nachbarhaus der Hussein Moschee wohnte, stand ich dieser emotional näher. Dennoch, dass diese beiden Moscheen einander gegenüber liegen, war für mich sehr einprägsam, überhaupt nachdem ich gehört hatte, dass beide von Schiiten erbaut worden sind und die Al Azhar dennoch geradezu ein Symbol für den sunnitischen Islam geworden ist.

So feindlich konnten sich die beiden Richtungen des Islam im Laufe der Geschichte also gar nicht gegenübergestanden haben, sonst würden diese Bauwerke heute nicht mehr existieren. Und immerhin war der zweite Kalif der Schiiten ein Enkel des Propheten!

Meine damaligen Erfahrungen bilden den Hintergrund für meinen heutigen Versuch, eine friedliche Lösung für den Nahostkonflikt zu finden, auch wenn ich dazu letztlich erst durch die Attentate des Elften September 2001 motiviert wurde.

Heute geht es mir zunächst um die Frage, wie der Konflikt um Israel gelöst werden kann, der virulent geworden ist, nachdem die UNO 1947 das Gebiet von Palästina teile und einen Teil den Juden zusprach, die wegen immer erneuter Judenverfolgungen in der Welt nach einem eigenen Staat im Gebiet des biblischen Israel strebten.

Für die muslimischen Bewohner und Nachbarn bedeutete dieser Teilungsbeschluss einen Schock, weil nun plötzlich in die unmittelbare Nachbarschaft einer der heiligsten Stätten des Islam, nämlich von al-Haram ash-Sharif, an der der Himmelfahrt des Propheten gedacht wird, ein jüdischer Staat entstehen sollte und zwar unter völlig anderen Voraussetzungen als denen des friedlichen Miteinanders von Muslimen und Juden während der dreizehnhundert Jahre währenden muslimischen Herrschaft in dem Gebiet.

Während der Zeit islamischer Herrschaft hatten die Juden ihren Status als Dhimmis, also als Schutzbefohlene der Islam, problemlos akzeptiert, aber das war den Bürgern des neuen Staates Israel nicht mehr möglich. Abgesehen davon, dass nun ein jüdischer Staat in traditionell islamisches Gebiet implantiert worden war, anerkannte dieser Staat die Oberhoheit des Islam natürlich nicht mehr an und konnte von den Muslimen aus diesem Grund auch nicht akzeptiert werden. Deshalb hatten sich die islamischen Nachbarn von Anfang an geweigert, die Teilungserklärung der UNO zu anzuerkennen. Deshalb haben sie von Anfang an Krieg gegen dieses fremde Implantat geführt – diesen Krieg allerdings nicht gewonnen, sondern durch einen Waffenstillstand schließlich doch akzeptieren müssen. Aber Frieden gab es dadurch nicht.

Bereits 2001 hat der heutige israelische Ministerpräsident Netanyahu seine Vorstellung von einem möglichen Frieden in seinem damaligen Buch „Durable Peace“ formuliert. Er geht davon aus, dass die bis heute anhaltende und insbesondere in der Bevölkerung der Nachbarstaaten tief eingeprägte Ablehnung des Staates Israel sich nicht durch Verträge verändern lässt. Als Konsequenz meint er, dass ein eventueller neuer Staat Palästina niemals die Rechte haben kann, die normale Staaten haben, weil die Gefahr zu groß wäre, dass ein souveräner Staat Palästina sich beispielsweise mit dem Iran verbündet und iranische Raketen auf seinem Gebiet stationiert, die die Existenz des Staates Israel nicht nur in Frage stellen, sondern tatsächlich auslöschen könnten. Unter solchen Voraussetzungen könnten die Palästinenser niemals die gleichen Rechte genießen wie die Israelis, meint Netanyahu.

Während auch ich die tief eingeprägte Ablehnung des Staates Israel bei seinen Nachbarn als den eigentlichen Grund des israelisch-palästinensischen Konflikts sehe, ist meine Schlussfolgerung daraus doch eine völlig andere – und das hat zu tun mit den bereits erwähnten Erfahrungen, die ich in meinem Jahr in der spirituellen Gemeinschaft von Scheich Mohammed Osman in Kairo machen durfte.

Da konnte ich nämlich sehen, dass die Muslime durchaus friedenswillig sind, dass ein Frieden jedoch nicht ehrenrührig sein darf, dass also nur ein ehrenhafter Frieden die Chance hat, zu einem realen Frieden zu werden. Das aber bedeutet, dass der Frieden den Muslimen nicht aufgezwungen werden kann – was aber bei allen bisherigen Friedensmodellen der Fall war – dass der Frieden vielmehr von den Muslimen selbst ausgehen muss.

Wie aber könnte ein Frieden mit dem in heiliges muslimisches Territorium eingepflanzten jüdischen Staat von den Muslimen ausgehen? Ist das nicht ein Widerspruch in sich selbst?

Ein wirklich ehrenhafter Frieden ist nur möglich, wenn er nicht aufgezwungen ist. Wie aber könnte der Zwang wegfallen, durch den der jüdische Staat damals real installiert wurde? Dieser Zwang ist doch ein Faktum der Geschichte! Wie könnte ein solches Faktum aus der Welt geschafft werden?

Der Zwang könnte nur wegfallen, wenn die Muslime durch irgendetwas dazu motiviert werden könnten, den Juden dieses Gebiet als Geschenk anzubieten. Aber was könnte die Muslime zu einem derartigen Geschenk veranlassen?

Es ist nicht so unmöglich, wie es scheint, denn die Muslime könnten dazu tatsächlich veranlasst werden, nämlich durch die Kette ihrer Propheten. Fast alle muslimischen Propheten sind ja biblische Propheten. Der Islam verdankt dem Judentum daher sehr viel! Aber durch die gegenwärtigen Feindseligkeiten ist dieses Bewusstsein völlig in den Hintergrund getreten, aber die Tatsachen sprechen für sich. Muslimische Autoritäten könnten daher das Bewusstsein dafür wieder wecken. Und das wäre keine Manipulation, es wäre nur ein Bewusstmachen der Realität – nicht in dem Sinn, dass nun ein Schuldbewusstsein entstünde, denn dafür gibt es keinen Grund, sondern in dem Sinn dass eine natürliche Dankbarkeit erwacht und dass den Juden aus dieser Dankbarkeit heraus das Land, das sie „Israel“ genannt haben, zum Geschenk gemacht wird – ohnehin nur ein winziges Geschenk, wenn man bedenkt, dass der Islam ohne die Vorarbeit der jüdischen Propheten kaum denkbar wäre.

Und an dieser Stelle kann der Staat Israel selbst etwas beitragen:

Der Name „Israel“ geht ja zurück auf Jakob, den Stammvater der zwölf Stämme Israels, der in einen tödlichen Konflikt mit seinem Bruder Esau verwickelt war – und der diesen Konflikt nur dadurch lösen konnte, dass er sich bei der Wiederbegegnung mit ihm – die für Jakob unter normalen Umständen den sicheren Tod bedeutet hätte, weil sein Bruder fest entschlossen war, ihn zu töten – zu etwas entschließen konnte, das zuvor absolut unmöglich schien. Angesichts seines unmittelbar bevorstehenden Todes konnte er nämlich sehen, dass er seinen Bruder um Verzeihung bitten muss. Und genau das tat er, indem er sich vor Esau siebenmal zu Boden warf. Diese für Esau geradezu unbegreifliche Geste hat ihn so sehr bewegt, dass er Jakob, der aufgrund dieser Geste von Gott den Namen „Israel“ bekommen hat, nämlich „der mit Gott gekämpft hat und bestanden hat“, wieder als seinen Bruder akzeptiert konnte. Und damit konnten nun beide friedlich nebeneinander leben.

Etwas in der Art würde auch Israel brauchen. Auch das heutige Israel müsste eingestehen, dass die Einpflanzung des jüdischen Staates in dieses Gebiet ein für die Muslime absolut inakzeptables Vorgehen war, dass die Juden also tatsächlich allen Grund haben, die Muslime um Verzeihung zu bitten – so wie vor nahezu viertausend Jahren Jakob seinen Bruder Esau um Verzeihung gebeten hat. Und genau so wie Esau damals seinem Bruder verzeihen konnte, werden die Muslime den Juden auch heute verzeihen, insbesondere, wenn sie sich daran erinnern, dass sie allen Grund haben, den Juden dankbar zu sein, weil Gott doch durch das Volk der Juden den Grund gelegt hat für die Religion des Propheten Mohammed, weil die Propheten der Juden doch Mohammeds Geist geöffnet haben für die Offenbarungen, die er dadurch von Gott empfangen konnte.

Eine wesentliche Rolle in diesem Prozess der Bewusstmachung wird sicherlich der Großscheich der Al Azhar spielen, Dr. Al-Tayyeb, der sich schon vor Jahren ganz offensichtlich zu dieser Aufgabe auf den Weg gemacht hat – zunächst indem er den Papst in Rom besucht hat, an jenem Ort, an dem vor nicht allzu langer Zeit ein berühmtes Konzil stattgefunden hat, durch das sich die Einstellung der katholischen Kirche zum Islam und zum Judentum radikal zum Positiven hin verändert hat.

Ein Konzil ähnlicher Art in Kairo könnte heute die ganze Welt verändern, einerseits indem es die Dankbarkeit der Muslime den Juden gegenüber in Erscheinung treten lässt, wodurch die Muslime den Juden Israel zum Geschenk machen können – andererseits aber weit darüber hinaus, weil ein solches Konzil auch innerhalb des Islam Frieden schaffen kann – gewissermaßen als eine Wirkung des Ortes dieses Konzils, das ja in Kairo stattfinden würde – und zwar genau an und in den beiden Moscheen, die heute auf sunnitischem Gebiet liegen, die aber von Schiiten gegründet worden sind und die für die Schiiten auch heute noch von allergrößter Bedeutung sind.

Indem, die Schiiten einbezogen werden in das Konzil, können sie den Schritt der Schenkung des Landes an das jüdische Volk mitvollziehen und damit mitwirken am Frieden sowohl mit Israel als auch mit ihren sunnitischen Glaubensbrüdern.

Über den Autor

Gottfried Hutter

Der Autor studierte katholische Theologie, Geschichte und Politikwissenschaft. Aufgrund tiefer Einsichten während seiner Jahre in San Francisco hat er die Gemeinschaft eines spirituellen Meister gesucht und gefunden.

Für ein ganzes Jahr lebte er in dessen muslimischer Sufi-Ordens-Gemeinschaft in Ägypten und im Sudan. Dort in seiner Einsicht in die grundlegende Einheit aller Religionen bestätigt, wurde er Psychotherapeut. Heute betreut er vorwiegend schwer traumatisierte Flüchtlinge aus dem Nahen Osten.

Den Anstoß zu diesem Buch gab das Attentat des Elften September 2001.

 

Mitglied der Europäischen Akadiemie der Wissenschaften und Künste

 

 

 


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