Jakobs Kampf verstehen bedeutet, den Frieden kommen zu sehen

Jakobs Kampf verstehen bedeutet, den Frieden kommen zu sehen

 

 Der im Namen „Israel“ verborgene Weg zum Frieden

JEDER HAT DIE GESCHICHTE DES ERSTEN

ISRAEL SCHON IRGENDWANN gehört. Manche werden sich nicht mehr an jedes Detail erinnern. Die Parallelen in der Entwicklung Jakobs, der damals den Namen Israel bekommen hat, mit der des heutigen Israel sind so verblüffend, dass sie sogar Säkulare und Atheisten beeindrucken werden, sofern sie sich erlauben, einen Vergleich in Erwägung zu ziehen. Erlauben Sie mir daher bitte, die sehr bekannte Geschichte in ihren wichtigsten Zügen noch einmal zu erzählen:

Isaak, der einzige Sohn von Abrahams Frau Sarah, wurde Träger des göttlichen Versprechens an Abraham, dass er zum Stammvater eines großen Volkes werden würde, das der ganzen Welt Segen bringen würde, indem es, wie Abraham, der Stimme Gottes folgt.

Isaak hatte zwei Söhne. Esau war der Erstgeborene, Jakob der zweite – wenn auch nur um Minuten jünger. Es waren Zwillinge. Die Hand des Zweiten umschloss die Ferse des Ersten, als sie aus dem Schoß ihrer Mutter herauskamen. Deshalb bekam er den Namen Jakob, was Fersenhalter bedeutet.

Gemäß Erbfolgegesetz sollte Gottes Versprechen an Abraham an den Erstgeborenen, also an Esau, weitergegeben werden. Dieser zeigte allerdings wenig Interesse daran. Als er einmal hungrig von der Jagd nach Hause kam, wollte er etwas von einem Linsengericht, das Jakob gekocht hatte. Und Jakob verlangte als Kaufpreis Esaus Erstgeburtsrecht. Und Esau verkaufte es! Sein Vater wusste nichts davon – und auch Esau selbst hat dem Ereignis wohl keine Bedeutung beigemessen, schließlich war ihm klar, wer der rechtmäßige Erbe war.

Als der Vater alt und blind geworden war, rief er seinen Sohn Esau zu sich, um ihm mitzuteilen, dass er den Segen, den er von seinem Vater Abraham erhalten hatte, nun an ihn weitergeben wolle. Um eine gute Atmosphäre für die Zeremonie zu schaffen, bat er Esau, ein schönes Stück Wild für ihn zu jagen und es für ihn zuzubereiten. Nach dem Essen wollte er ihm diesen Segen geben.

So ging Esau auf die Jagd in freudiger Erwartung des großen Erbes. Was er nicht wusste, war, dass Rebekka, seine Mutter, das Gespräch gehört hatte.

Als Esau weg war, rief Rebekka ihren Sohn Jakob und machte ihm klar, dass jetzt gehandelt werden müsse. Für sie gab es keinen Zweifel, wer der geeignete Kandidat für den Segen war. Sie ließ Jakob das beste Lamm holen und sagte, sie würde es so zubereiten, wie Isaak es liebte. Dann müsste Jakob das Essen seinem Vater bringen und ihn um den Segen bitten.

Es gab nur eine kleine Schwierigkeit: Esau war nämlich dicht behaart, während Jakob eher glatte Haut hatte. Da der Vater praktisch blind war, würde er seinen Sohn sicher berühren und dabei den Unterschied feststellen. Doch die Mutter wusste Rat.

Jakob würde in das Fell des frisch geschlachteten Tieres schlüpfen; dann würde der Vater beruhigt sein.

Und so wurde es gemacht. Rebekka bereitete das Essen, Jakob brachte es seinem Vater und bat ihn um den Segen.

(…)

 

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Naqba – wie eine neue Interpretation der Fakten auf beiden Seiten eine Wirklichkeit erschaffen kann, in der alle zu Gewinnern werden

Naqba – wie eine neue Interpretation der Fakten auf beiden Seiten eine Wirklichkeit erschaffen kann, in der alle zu Gewinnern werden

 

 Die Erfahrung einer gravierenden Ungerechtigkeit ist nicht selten der Beginn eines langen Weges ins Unglück. Etwas in der Art, scheint mir, hat sich im Nahen Osten ereignet, als den arabischen Nachbarn 1947 zugemutet wurde, Palästina mit Juden zu teilen, und zwar nicht, indem sie sie als Mitbürger akzeptieren, sondern indem sie einen Teil des Landes an sie abtreten.

Nach ihren Erfahrungen mit jahr- hundertelanger osmanischer Hegemonie und dem westlichen Kolonialismus fanden die arabischen Nachbarn das als nicht zumutbar. Deshalb verweigerten sie ihre Zustimmung im Grunde bereits 1917, als der britische Außenminister Balfour erklärt hatte, dass Großbritannien für die Einrichtung einer Heimstatt für das jüdische Volk in Palästina eintreten würde. Das zumindest meinte die Palästinensische Verwaltung am 99. Jahrestag dieser Erklärung. Da nämlich nannte sie dieses britische Projekt ausdrücklich „kriminell“ und „kolonialistisch“ und forderte Wiedergutmachung.

In den Ohren vieler Menschen im Westen mag das krass klingen. Für mich ist es nicht überraschend. Wenn ich an die besondere Beziehung der Juden zu diesem Land denke, kann ich die Empörung verstehen.

Wenn den Juden erlaubt würde, ihren Staat in und um Jerusalem herum zu bilden, wäre es denkbar, dass sie früher oder später die Legitimität eines der höchsten muslimischen Heiligtümer infrage stellen – al Haram ash Sharif, das seit mehr als 1300 Jahren genau den Platz einnimmt, an dem der Tempel der Juden gestanden hat, bevor er von den Römern zerstört wurde. Vor allem das aber konnte die muslimische Umma nicht akzeptieren. Hauptsächlich aus diesem Grund durften die arabischen Staaten eine Heimstatt der Juden in Palästina nicht akzeptieren. Es stellte ein wesentliches Element der muslimischen Identität infrage.

Und heute, wo der Staat Israel seit sieben Jahrzehnten existiert, steht der Anspruch der Juden auf den Tempelberg nur deshalb nicht auf der Tagesordnung, weil im Friedensvertrag mit Jordanien eindeutig festgelegt wurde, dass der heilige Berg, auf dem der Felsendom und die Al- Aqsa- Moschee stehen, ein rein islamisches Heiligtum ist und dass Juden zwar das Recht haben, den Berg als Touristen zu besuchen, aber kein Recht, ihn für sich zu beanspruchen oder dort auch nur zu beten.

Tatsächlich aber nimmt die Zahl der Juden, die sich an diesen Status quo nicht mehr gebunden fühlen, stetig zu; immer mehr Juden beten trotzdem auf ihrem Tempelberg; und daher wächst die Wahrscheinlichkeit, dass die aus diesem Grund immer neu aufflammenden Unruhen in absehbarer Zeit zu einem offenen Konflikt führen werden.

Vorbeugend hat der Mufti von Palästina, Sheikh Muhammad Ahmad Hussein, am 25. Oktober 2016 im israelischen Fernsehen erneut erklärt, dass es dort nie einen jüdischen Tempel gegeben hat.

All diese Probleme waren 1947 bereits abzusehen, als die UNO eine Teilung Palästinas vorschlug, um eine Heimstatt für die Juden in deren ehemaliger Heimat zu ermöglichen – 30 Jahre nach der Balfour-Erklärung und zu einer Zeit, als der Horror des Holocaust noch sehr präsent war.

Als die UNO zu dieser Zeit an die Nachbarn Palästinas appellierte, einer Teilung des Landes zuzustimmen und Vorschläge dazu zu machen, verweigerten sich die Nachbarn. Sie waren weder imstande, Mitgefühl mit den gerade erst dem Holocaust entkommenen Juden zu empfinden, noch konnten sie sehen, dass Zumutungen wie Gebietsteilungen oder Umsiedlungen im Gefolge der beiden  Weltkriege vielen anderen Bevölkerungsgruppen ungefragt aufgezwungen worden sind. Während die meisten betroffenen Völker ihr Schicksal als unvermeidlich akzeptierten, konnten die Nachbarn Palästinas das nicht hinnehmen. Ihre Beziehung zu ihrem großen Heiligtum in Jerusalem und dessen Bedeutung für ihre Religion erlaubten ihnen nicht, zuzustimmen. Im Gegenteil, sie wollten gegen diese Teilung mit allen Mitteln kämpfen.

(…)

 

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Warum hat der Groß-Imam der Al Azhar in Kairo den Papst besucht?

Warum hat der Groß-Imam der Al Azhar in Kairo den Papst besucht?

 

Während einige arabische Staaten versuchen, ihre Beziehungen zu Israel zu verbessern, um endlich Frieden zu erreichen, aber auch um ihre Wirtschaft und ihre Kraft gegenüber dem Iran zu stärken, verschwindet die Abneigung zumindest in einem Teil der Bevölkerung Palästinas und auch in einem Teil der Bevölkerung Israels keineswegs, weil trotz der großen Gesten aus Arabien ein Ende des Konflikts nicht abzusehen ist. Palästinenser sehen die Israelis nach mehr als fünfzig Jahren Besatzung überwiegend als Unterdrücker, während die Sehnsucht der Juden, dass Israel auch unter Muslimen als jüdischer Staat anerkannt werden würde, immer weiter frustriert wird. Das zeigen immer wieder auftretende Unruhen. Und in den Logos der meisten der Parteien, die 2021 in Palästina zur Wahl antreten, kommt ein Staat Israel nicht vor. Die Zweistaatenlösung, die vor zwanzig Jahren so nahe schien, scheint inzwischen in weite Ferne gerückt. Der Konflikt scheint nahezu unlösbar.

Dieser im Grunde schon seit der Erklärung des britischen Außenministers Balfour zur Errichtung einer nationalen Heimstatt für die Juden, also schon seit einhundert Jahren bestehende Zustand dürfte den Groß-­Imam der al Azhar Universität in Kairo, Scheich Dr. Ahmad Mohammad al-Tayyeb, dem im Bereich des sunnitischen Islam höchster Respekt entgegengebracht wird, im Mai 2016 dazu bewegt haben, den neuen Papst zu besuchen, der für sich den Namen „Franziskus“ gewählt hatte. Logischerweise dachte der Groß-Imam bei diesem Namen zuerst an jenen allerersten christlichen Diplomaten, Franz von Assisi, der vor 800 Jahren den muslimischen Sultan in Ägypten besucht hat, um noch während der Kreuzzüge Frieden zu erreichen. Papst Franziskus hat diesen Namen als Allererster von allen bisherigen Päpsten für sich gewählt. Offenbar war er von Anfang an entschlossen, etwas von dem Geist des Franz von Assisi in unserer erneut von brutalen religiösen Machtkämpfen gezeichneten Zeit wieder lebendig werden zu lassen. Und mit seinen interreligiösen Initiativen hat er diesem Namen bereits alle Ehre gemacht.

Der Groß-Imam der Al Azhar dachte aber zweifellos auch noch an ein anderes Ereignis, in dem dieser Geist lebendig geworden ist, nämlich an das Zweite Vatikanische Konzil, in dem die katholische Kirche ihr Verhältnis zu den anderen Religionen neu definiert hat. Besonders interessant für Muslime ist die damalige Erklärung zum Verhältnis der katholischen Kirche zu den großen Weltreligionen, Nostra Aetate, weil diese Erklärung die nichtchristlichen Religionen als ein für alle sichtbares Zeichen des Wirkens Gottes in der Welt würdigt.

Bei dieser Gelegenheit hat es die katholische Kirche außerdem als unaufschiebbar angesehen, sich bei den Juden für den Anteil der Kirche am Antisemitismus zu entschuldigen, weil sich die Kirche dadurch doch sogar mitschuldig gemacht hat am Entstehen des mörderischen nationalsozialistischen Wahns der Vernichtung aller Juden im Holocaust.

Durch ihr Schuldeingeständnis den Juden gegenüber, das in Nostrae Aetate enthalten ist, konnten sich die katholische Kirche und das Judentum wieder annähern. Der gegenseitige Respekt wurde hergestellt, diplomatische Vertretungen wurden ausgetauscht und in der Folge wurde von beiden die jeweils andere Seite in alles einbezogen, was diese Seite betraf. Es fanden Besuche in Synagogen statt, Besuche im Heiligen Land, Besuche in ehemaligen Konzentrationslagern, und außerdem gab es eine regelmäßige Zusammenarbeit der Institutionen an allen Orten ihrer Tätigkeit.

Auch der Religion des Islam wurde seither großer Respekt entgegengebracht. Päpste haben sich mit hohen muslimischen Würdenträgern getroffen, und sie haben islamische Heiligtümer besucht. Kirchen haben Muslimen Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt in Städten, in denen es noch keine Moschee gab, und die Kommunikation der Würdenträger und Gelehrten beider Religionen miteinander war seither gekennzeichnet durch respektvollen Dialog.

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Mit islamischer Barmherzigkeit mit Israel Frieden schließen  

Mit islamischer Barmherzigkeit mit Israel Frieden schließen

Bismillähirrahmänirrahim“, ״Im Namen Gottes, des Gnädigen, des Barmherzigen“! Mit dieser Formel beginnen Muslime alles, was sie tun. Was immer damit im Lauf der Geschichte auch an Heucheleien und Unbarmherzigkeiten eingeleitet worden sein mag, richtig verstanden ist bismillähirrahmänirrahim der wahre Islam!

Zu Recht hat der Islamwissenschaftler, Professor Mouhanad Khorchide aus Münster einem seiner Bücher den Titel ״Islam ist Barmherzigkeit“ gegeben.

Die mutige jordanische Königin Rania sagte 2014 in Abu Dhabi, dass man den sogenannten Islamischen Staat nicht militärisch besiegen kann, sondern nur philosophisch Mittlerweile ist der islamische Staat militärisch besiegt, aber die Königin Rania hat trotzdem Recht behalten: Die Ideologie lebt weiter und sie übt weiter politische Macht aus in Afghanistan, im Iraq, in Syrien ….

Barmherzigkeit ist die Philosophie, die den IS besiegt – und gleichzeitig ist es die Philosophie, die Frieden im gesamten Nahen Osten erreicht: Frieden unter Muslimen (einschließlich IS und Iran) und Frieden mit Israel.

Mein hochverehrter islamischer Lehrer Sheikh Mohammed Osman Abdu el Burhani aus Khartoum im Sudan sagte einmal: „Es gibt nur eine wahre Religion, und es ist nicht die Religion mit dem Namen ,Islam‘; es ist ,Islam‘, nämlich die tatsächliche Hingabe an Gott.“ Es ist also die Barmherzigkeit. Barmherzigkeit überwindet alle Spaltungen. Und damit ist Barmherzigkeit wirklich die letzte Religion, genau der Islam, den der Prophet Mohammed im Koran vorhergesagt hat.

Davon spricht auch Sure 5,48 (5,51): „Wenn Gott gewollt hätte, dann hätte er euch alle zu einem Volk gemacht, aber (Sein Plan ist) euch zu testen in dem, was Er euch gegeben hat: daher bemüht euch wie in einem Wettbewerb in allen Tugenden“.

Gott wollte Vielfalt. Das wird hier ganz klar gesagt. Tugend und Barmherzigkeit sind nur möglich in Vielfalt. Eine Philosophie wie die des IS ist daher unislamisch. Der IS möchte die Vielfalt gewaltsam in Uniformität verwandeln. Der Koran aber macht klar, dass Gott das nicht wollte. Um den IS philosophisch zu überwinden, müssen die Muslime nur zurückkehren zum Koran und sich Vielfalt und Wettbewerb in den Tugenden auf die Fahnen schreiben.

„Im Namen Gottes des Gnädigen, des Barmherzigen“ hätte Kalif Omar vielleicht bereits im Jahr 16 der islamischen Zeitrechnung (638 n. Chr.) den Tempelberg in Jerusalem den Juden übergeben, damit sie dort im Wettbewerb mit den Muslimen einen neuen Tempel bauen hätten können – natürlich wieder unter der Bedingung der Barmherzigkeit, nämlich, dass die Nachtreise des Propheten auch in dem neuen jüdischen Tempel gebührend gewürdigt wird.“

Aber wenn wir im Namen Gottes, des Gnädigen, des Barmherzigen, auf die Zeit des Kalifen Omar zurückblicken, können wir niemanden beschuldigen. Zu der Zeit wäre das gar nicht denkbar gewesen. Heute dagegen ist es möglich, heute kann die Geschichte im Namen der Barmherzigkeit neu geschrieben werden!

 

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Warum es die islamische Umma braucht, wirklichen Frieden zu schließen  

Warum es die islamische Umma braucht, wirklichen Frieden zu schließen

 

Seit 70 Jahren existiert der Staat Israel, und seit 70 Jahren existiert er im Kriegszustand. Wenn wir aus unserer aufgeklärten westlichen Perspektive die vielen bisherigen Lösungsversuche betrachten, können wir kaum verstehen, warum es bis jetzt keinen Frieden gibt. Wir Beobachter neigen dazu, einer oder beiden Seiten bösen Willen zuzuschreiben. Und manchmal scheint es gerade unser aufgeklärter Verstand zu sein, der uns nicht erlaubt zu sehen, dass Israel inmitten einer Welt entstanden ist, deren Menschen das Leben ganz anders betrachten. Ein Mensch, der im Westen groß geworden ist, kann sich kaum vorstellen, wie Muslime des Nahen Ostens denken und fühlen.

Keiner hat das klarer auf den Punkt gebracht als der frühere türkische Premierminister, Ahmet Davutoglu, in seinem anspruchsvollen Buch Alternative Paradigms, in dem er den fundamentalen Unterschied zwischen westlicher und islamischer Weltanschauung beschreibt.

Ohne auf die metaphysischen Hintergründe des islamischen Paradigmas einzugehen, aber mit Bezug auf die Staatsgründung Israels, lässt es sich meines Erachtens so sagen: Alle Muslime, und damit auch die meisten Palästinenser, stehen im Dienst der Gemeinschaft aller Muslime, der Umma. Als ohne deren Zustimmung eine artfremde, nichtislamische Entität in das Gebiet der Umma implantiert wurde, nämlich Israel, konnte die Umma als Ganze das nicht akzeptieren. Sie reagierte 1948 militärisch. Die islamischen Staaten wollten den Fremdkörper beseitigen. Das gelang aber nicht. Stattdessen besetzte Israel 1967 die verbliebenen palästinensischen Gebiete.

Aus Sicht der Umma ist der anschließende Kampf der Palästinenser daher nicht nur einC, sondern vor allem eine religiöse Pflicht aller Muslime.

Nur so lässt sich meines Erachtens verstehen, dass die islamische Hamas es wagen kann, in ihren Angriffen gegen Israel so wenig Rücksicht auf die eigene Bevölkerung zu nehmen, denn alle müssen ihren Teil beitragen zum Sieg des Islam in diesem Kampf gegen die fremde Entität, die in das Territorium der Umma eingedrungen ist.

Um den Konflikt zu lösen, wollten die Weltmächte den Palästinensern zu einem eigenen Staat verhelfen. Sie erarbeiteten einen wunderbaren Friedensvorschlag: die Zwei-Staaten-Lösung. Alle Welt schien zuzustimmen. Dennoch wurde in Jahrzehnten von Verhandlungen keine Einigung erreicht. Warum?

Der wunderbare Friedensvorschlag sieht das islamische Paradigma nicht: Es handelt sich nicht um eine Privatangelegenheit zwischen Israelis und Palästinensern. Der Kern des Konflikts besteht vielmehr darin, dass durch die Errichtung des Staates Israel ein Teil des islamischen Kernlands von Nichtmuslimen besetzt und damit die Ganzheit und Geschlossenheit des Gebiets der Umma aufgebrochen worden ist. Das sieht die Umma als direkten Angriff, umso mehr, als es sich um das Gebiet einer der heiligsten Stätten des Islam handelt – al Haram ash Sharif, das Edle Heiligtum der Muslime in Jerusalem – und weil Israel auf genau diesen Ort Eigentumsanspruch erhebt, weil es der Platz ihres alten Tempels ist.

Da der Konflikt die gesamte Umma betrifft, sind palästinensische Politiker nicht ermächtigt, diesen Konflikt für beendet zu erklären, wenn sie mit den materiellen Verhandlungsergebnissen zufrieden sind. Das zeigen Aussagen aus dem Iran, der Hisbollah oder der Hamas. Auch eine Erklärung der Arabischen Liga von 2014 besagt, dass Israels Grundbedingung für Frieden, als Heimat für alle Juden anerkannt zu werden, nicht erfüllt werden darf.

Viele Menschen unseres Kulturkreises können nicht verstehen, warum es für Israel so wichtig sein soll, als Heimstatt der Juden anerkannt zu werden. Es ist für Menschen, die im Westen groß geworden sind, schwer nachzuvollziehen – und ebenso für manche säkulare Israelis dass die gegenwärtige Offenheit westlicher Demokratien trügerisch sein kann.

Sie vergessen, dass es einen Grund gab für den Auftrag des Völkerbunds an England, eine Heimstätte für das jüdische Volk vorzubereiten, dass dieser Auftrag dann zum UN-Teilungsplan von 1947 führte und dass beide Maßnahmen davon ausgehen, dass die Juden einen eigenen Staat brauchen, einen Platz auf diesem Planeten, an dem sie vor Verfolgung sicher sein können.

In der Vergangenheit war ihre Sicherheit nie garantiert. In Krisenzeiten setzten mit großer Regelmäßigkeit Verfolgungen ein, besonders in Europa. Das könnte auch heute geschehen, wie regionale dramatische Zunahmen des Antisemitismus befürchten lassen.

Damit Juden auch in Krisenzeiten vor Verfolgung sicher sein können, brauchen sie ihren eigenen Staat und darin eine Bevölkerungsmehrheit. Und wegen der weltweiten Gefahr von Verfolgungen muss dieser Staat eine Heimat für alle Juden weltweit sein können, zumindest potenziell.

 

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Gute Nachrichten für Frieden im Heiligen Land

Gute Nachrichten für Frieden im Heiligen Land

 Ein Statement Hunderter israelischer Intellektueller

 Den Frieden im Heiligen Land betreffend gab es im September 2016 eine außerordentlich gute Nachricht:

„Hunderte von israelischen Intellektuellen schreiben an die Juden der Welt: Beendet die Besatzung um Israels willen.“1

Ich würde mir nur wünschen, dass sich auch Hunderte Intellektuelle in der islamischen Welt, christliche Intellektuelle eingeschlossen, imstande fühlen würden (ohne ihr Leben aufs Spiel zu setzen), ihre Unterstützung dafür ins Netz zu stellen, Israel als die Heimstatt für die Juden anzuerkennen, so wie es der Völkerbund nach dem Ersten Weltkrieg verlangt hat und wie es die Vereinten Nationen 1947 in ihrem Teilungsvorschlag intendiert haben. Dann wäre der Wunsch nach Frieden durch hoch respektierte Persönlichkeiten beider Seiten gleichermaßen bekundet.

Ohne eine solche Erklärung von der Seite, welche die Palästinenser unterstützt, könnte die außerordentlich lobenswerte Erklärung jüdischer Intellektueller in  palästinensischen Ohren klingen wie:

„Seht, wir hatten die ganze Zeit recht. Nun geben sogar die Juden selbst zu, dass das alles ihre alleinige Schuld ist, dass es nur eine gerechte Lösung geben kann, nämlich die Auflösung des Staates Israel und die Rückgabe des Territoriums an seine rechtmäßigen Besitzer, die Palästinenser – was der Iran, die Hisbollah und die Hamas die ganze Zeit über immer gesagt haben.

Aber wenn irgendwann auch führende Persönlichkeiten auf palästinensischer Seite vortreten, seien es Christen oder Muslime, und verlangen, dass Israel von allen als die rechtmäßige Heimstatt der Juden anerkannt wird und dass Israel damit sein Recht bestätigt wird, an der Seite eines neu zu gründenden Staates der Palästinenser in Frieden zu existieren, hätte Israel keinen Grund mehr, seine Besatzung fortzusetzen.

 

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Konfliktquellen in der jüngeren Vergangenheit der Religionen  

Konfliktquellen in der jüngeren Vergangenheit der Religionen 

Der jüdische Beitrag zum heutigen Konflikt

Nahezu zweitausend Jahre lang hatten die Juden kein eigenes Heimatland im Nahen Osten. Wo immer sie lebten, lebten sie im Exil.

Besonders im christlichen Europa waren Juden immer wieder Verfolgungen ausgesetzt. Dazwischen gab es friedliche Perioden, die es den Juden erlaubten, Synagogen zu bauen und ihre eigene Sprache zu entwickeln. Das Jiddische kann als eine Art von deutschem Dialekt angesehen werden. Dennoch – in Krisenzeiten gehörten Juden immer zu den ersten Opfern.

Das war im 19. Jahrhundert auch in Russland der Fall, zu einer Zeit, als der Nationalismus in voller Blüte stand. Im Geist des Nationalismus dachten Juden, dass sie eine eigene Nation brauchten, um vor den immer wiederkehrenden Verfolgungen ein für alle Mal geschützt zu sein. Das war die Geburtsstunde des Zionismus. Die Juden suchten auf dem gesamten Globus nach einem geeigneten Gebiet für sich: Argentinien, Uganda, sogar Sibirien wurden in Betracht gezogen, aber der bevorzugte Platz war – natürlich – ihre alte biblische Heimat in Palästina, mit Jerusalem als traditioneller Hauptstadt.

Aber dieses Gebiet und besonders Jerusalem gehörten – nach 1900 Jahren minimaler jüdischer Präsenz dort – längst zum Kernland der islamischen Umma.

Deshalb wurde die Idee, in Palästina eine neue Heimstatt für die Juden einzurichten, wie es die Erklärung des britischen Außenministers Balfour im Jahr 1917 vorschlug, von vielen Muslimen als schwere Provokation angesehen. Kein Wunder also, dass Abbas, der Ministerpräsident der Verwaltung Palästinas, am 99. Jahrestag dieser Erklärung von den Briten Wiedergutmachung verlangte.

Der    Beitrag   der    heutigen   Christen   zum Konflikt

Sehr auffällig ist der massive Exodus aus den von Israel 1967 besetzten Gebieten.

In Stellungnahmen von Repräsentanten der palästinensischen Kirchen fehlt mir oft der Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils, auf dem die katholische Kirche sich bei den Juden entschuldigte. Dieser Akt war essenziell religiös.

Auch das große Kairos-Dokument, das den Staat Israel klar anerkennt, bleibt unterschwellig anti- israelisch. Ich würde mir wünschen, die Christen des Heiligen Landes würden fähig werden, die Existenz dieser neuen Heimat für die Juden in Palästina zu feiern, insbesondere, wo doch die Verfolgung von Juden in christlichen Ländern das Hauptmotiv für die Entstehung des Zionismus und für die Suche der Juden nach einer neuen Heimat war.

Soweit Christen unfähig bleiben, sich mit den Juden über deren neue Heimat zu freuen, scheint mir ihre Einstellung ein weiterer Beitrag zum Konflikt zu sein.

Der Beitrag der heutigen Muslime zum Konflikt

Die meisten Muslime glauben, dass die Einrichtung einer neuen Heimat der Juden in Palästina eine große Ungerechtigkeit ihnen gegenüber ist. Und auch ich finde, dass es ungerecht war, ihnen diese Lösung aufzuzwingen.

Allerdings – als muslimische Armeen im Jahr 638 dem christlichen Jerusalem ihre Herrschaft aufzwangen, wehrten sich die Christen nicht. Sie erlaubten eine unblutige Übernahme der Macht. Im Gegensatz dazu führten die muslimischen Nachbarn 1947 Krieg gegen den jüdischen Teil, dessen Teilung von der UNO vorgeschlagen worden ist. Und sogar noch nach dem Waffenstillstand von 1949 blieben sie entschlossen, die Teilung Palästinas ungeschehen zu machen und den gerade erst etablierten jüdischen Staat wieder zu beseitigen.

Es gab kein Mitgefühl für die Juden, obwohl diese zu jener Zeit absolut verzweifelt waren. Sechs Millionen Juden waren gerade in den Konzentrationslagern der Nazis vernichtet worden – und der muslimische Mufti dieser Tage, Al-Husseini, hatte Hitlers Politik den Juden gegenüber sogar ausdrücklich begrüßt!

Obwohl die Religion des Islam ihrem Wesen nach doch Mitgefühl ist, weigern sich muslimische Politiker bis zum heutigen Tag, Israel als Heimat der Juden anzuerkennen.

Dieser Mangel an Mitgefühl ist in meinen Augen der Beitrag der heutigen Muslime zum Konflikt – aber er enthält bereits einen Funken der Lösung: die Idee islamischen Mitgefühls!

Wie kann Religion Frieden im Heiligen Land möglich machen?

Die Idee des Mitgefühls führt uns zurück zur Zerstörung der Tempel der Juden: Ihrem Wesen nach, war und ist Religion niemals ein Problem, aber Religion kann zum Problem werden, wenn sie der Gruppenidentifikation dient, dann wird sie zur Ideologie. Das sage ich auch als Warnung vor dieser heute nur allzu gegenwärtigen Gefahr.

Abraham musste sich lösen von allen alten Identifikationen, um in Kontakt zu kommen mit der Kraft hinter diesem Universum. Indem er sich befreite von allen traditionellen Vorstellungen, wurde er fähig, diese Kraft zu erfahren – als eine befreiende Kraft, die letztlich jedem Menschen zu jeder Zeit zugänglich ist. In dem Prozess, den es braucht, um diese befreiende Kraft zu entdecken, werden Menschen fähig, so erfuhr schon Abraham, auch Abstand zu nehmen von ihren besonderen Interessen und Betrachtungsweisen. Auf diese Weise lernen sie, das gemeinsame Wohl zu sehen. Dadurch kann diese befreiende Kraft (und mit ihr die Religion) den Menschen helfen, in allen Konflikten versöhnend zu wirken und Frieden herbeizuführen.

Wie Abraham vielleicht heute handeln würde, versuchte ich 2017 im Rahmen der Interfaith Harmony Week bei einer Veranstaltung der UNO in Wien anzudeuten. Es entstand die Vision des “Ehrenhaften Friedens”.

 

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Der Dhimmi-Stand

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Als die Muslime viele von den Ländern, in denen andere Religionen dominierten, erobert hatten, fanden sie einen außerordentlich intelligenten und toleranten Weg, mit den Unterschieden umzugehen. Da sie die Herrscher waren, verpflichteten sie die Mitglieder der anderen Religionen, die Vorherrschaft des Islam anzuerkennen und sich als Schutzbefohlene des Islam zu betrachten.
Die Schutzbefohlenen brauchten keinen Militärdienst zu leisten, mussten aber eine zusätzliche Steuer zahlen.
Dadurch wurde eine tolerante Behandlung der Mitglieder anderer Religionen möglich. Auf lange Sicht allerdings führte diese Regelung dazu, dass sich eine Mehrheit der Bevölkerung zum Islam bekehrte; viele wollten einfach die zusätzliche Steuer vermeiden.
Aber auf den jüdischen Staat des zwanzigsten Jahrhunderts konnte diese Regel der Sharia natürlich nicht angewandt werden, obwohl dieser Staat ins Herzland des Islam eingepflanzt worden war.
Und dadurch wurde sogar diese sehr weise Regel des Dhimmi-Standes zu einem Element im heutigen Konflikt.

 

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Einflüsse aus der Vergangenheit der Muslime

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Als der Kalif Omar im Jahr 638 Jerusalem eroberte, bat er den christlichen Patriarchen Sophronius, ihm den Platz des früheren jüdischen Tempels zu zeigen. Sophronius war das sehr peinlich, aber er führte ihn hinaus in das mit Müll verunreinigte Trümmerfeld. Der Kalif war entsetzt. Sofort befahl er seinen Leuten, hier aufzuräumen.

Wie anders hätte er reagiert, wenn es hier eine geehrte christliche Gedenkstätte gegeben hätte! Aber es war, wie es war. Und so ergriff der Kalif Besitz von dem Platz.

Vor einigen Jahren sprach ich darüber mit einem Religionsexperten der türkischen Regierung in Deutschland. Er überraschte mich mit einer Aussage, die ich kaum glauben konnte. Die Sharia, sagte er, hätte es dem Kalifen Omar nicht erlaubt, den Platz in Besitz zu nehmen. Die Sharia hätte dem Kalifen geboten, den Juden ihr Eigentum zurückzugeben!

Das wäre zweifellos der Idealfall gewesen, aber der Kalif Omar war ein Realpolitiker. Er war jetzt der Herr dieses Ortes und er tat, was jeder Eroberer getan hätte. Doch er tat es auf eine sehr respektvolle Weise; er errichtete eine kleine hölzerne Gedenkstätte. Der große Baumeister war dann einer seiner Nachfolger, Kalif Abd Al-Malik. Er hatte eine große Vision, er wollte den zerstörten Tempel wiedererrichten, jedoch aus der Perspektive des neuen Volkes Gottes, der Muslime.

Es war nicht der jüdische Tempel, den er wiedererrichtete; der Felsendom, den er erbauen ließ, war ein Tempel des Islam.

Das war die erste Phase der muslimischen Sicht. In der zweiten Phase wurde der Bezug zum Tempel weggelassen. Und in der heutigen dritten Phase wird gesagt, es habe in Jerusalem überhaupt nie einen jüdischen Tempel gegeben! Das trägt erheblich zum Konflikt bei.

 

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Frieden zwischen Israel und Palästina: Einflüsse aus der Vergangenheit des Christentums

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Sobald die Christen im Römischen Reich die Mehrheit bildeten, begannen sie, auf die Juden herunterzuschauen. Nun waren sie die Herren über Jerusalem und über das Heilige Land und konnten ihre Heiligtümer errichten – sie bauten die Grabeskirche und die Geburtskirche. Und sie hatten nicht die Absicht, den Juden zu erlauben, ihren Tempel wiederzuerrichten. Ganz im Gegenteil: Sie wollten ihre Überlegenheit auch dadurch demonstrieren, dass der Platz des zerstörten jüdischen Tempels ein Trümmerfeld blieb. Mit ihrer antijüdischen Voreingenommenheit übten sich die Christen in Gruppenidentifikation und begannen, das genuin Christliche aus den Augen zu verlieren.

Während die Apostel sich zeitlebens immer wieder im Tempel versammelt und damit dem jüdischen Heiligtum ihren Respekt bezeugt hatten, dachten die Christen der konstantinischen Zeit nicht einmal daran, am Platz des Tempels eine Gedenkstätte zu errichten.

Niemand kann sagen, wie der Tempelberg heute aussehen würde, wenn die Christen dort eine Gedenkstätte errichtet hätten, um daran zu erinnern, welche Bedeutung der Tempel für Jesus und die Apostel gehabt hatte.

Diese mangelnde Achtung ist meiner Meinung nach der antike christliche Beitrag zum heutigen Konflikt. Die Brutalität, mit der christliche Truppen Jerusalem in den Kreuzzügen eroberten, war ein weiterer Beitrag.

 

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